Geschichte
Der Vierkanter Gottes
1112 gründete Udalschalk – oder Udiskalk – an der heutigen Stelle ein Mönchskloster, dem er seinen ganzen Erbbesitz in Seitenstetten, in Grünbach, Heft und in Stille (im heutigen Oberösterreich) widmete.
Seitenstetten liegt an der Voralpenbundesstraße (122) ungefähr in der Mitte zwischen Amstetten und Steyr. Der eigene Bahnhof „St. Peter-Seitenstetten“ (Westbahnstrecke) liegt ca. 2,5 km vom Ort entfernt.
1114 zogen Benediktiner aus Göttweig in die neue Stiftung ein. 1116 weihte Bischof Ulrich von Passau, ein Verwandter von Udalschalk, die neue Stiftskirche und verlieh dem Stift die ausgedehnte Pfarrei Aschbach. 1142 erhielt das Stift auch die große Pfarrei Wolfsbach. Aus diesen zwei Großpfarren gingen alle vierzehn Pfarreien hervor, die das Stift heute noch betreut.
Um 1180 schenkte Erzbischof Wichmann von Magdeburg dem Stifte die ausdehnten Waldungen an der Ybbs, mit der Auflage, dort eine Zelle zu errichten und ständig Gottesdienst zu feiern. Aus dem Gründungsjahrhundert stammt auch bereits der erste Hinweis auf eine Klosterschule in Seitenstetten.
Trotz mancher Rückschläge durch zwei Klosterbrände und durch Besitzstreitigkeiten nahm das Kloster einen allmählichen Aufschwung. 1347 zählte der Konvent 22 Mitglieder. Nach längerer Verfallszeit setzte sich mit Abt Benedikt I., der vorher Schottenprior in Wien gewesen war, auch in Seitenstettten die Melker Reform durch und brachte einen Aufschwung des religiösen und kulturellen Lebens. Dieser Abt ließ 1440 auf dem Sonntagberg eine Kapelle erbauen und weihen und begründete damit die Sonntagberger Wallfahrt unter der Obhut des Stiftes. Der Ungarnsturm des Matthias Corvinus, die Türkensteuern, vor allem aber die Reformation, setzten dem Sift hart zu. Die Zahl der Brüder nahm rasch ab.
Erst Abt Christoph Held (1572/1602), vom kaiserlichen Klosterrat kräftig unterstützt, leitete die geistige Wiedergeburt ein. Unter den folgenden Äbten hielt die Barockkunst Einzug. Baiern und Schwaben erhöhten den Mitgliederstand des Konventes. Aber erst nach dem Dreißigjährigen Krieg gelang es Abt Gabriel Sauer (1648/74), das Stift wirtschaftlich zu festigen und den Konvent religiös auf einen Höhepunkt zu führen. Auch eine große Bautätigkeit konnte nun einsetzen:
Abt Benedikt II. Abelzhauser (1687/1717) ließ durch Jakob Prandtauer die herrliche Wallfahrtskirche zur Hlst. Dreifaltigkeit auf dem Sonntagberg errichten.
1718 bis 1747 wurde der heutige barocke Stiftsbau errichtet. Die Mittel dazu lieferten vor allem das Kupferbergwerk in der Radmer (Steiermark) und das Messinghüttenwerk Reichraming (Oberösterreich).
Nach der schweren Zeit des Josephinismus und der Franzosenkriege erlangte das Stift um die Jahrhundertwende seine höchste Blüte. Abt Theodor Springer (1920/58) führte das Stift aus der Wirtschaftskrise nach dem ersten Weltkrieg heraus und rettete das Stift ohne Aufhebung durch den Zweiten Weltkrieg.
Unter Abt Albert Kurzwernhart (1962/84) wurden am Sonntagberg, in den übrigen Pfarrkirchen, vor allem aber in der Stiftskirche umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt!
Von 1985-1991 wurde unter Abt Berthold Heigl (1984-2013) das gesamte Klostergebäude außen vom Keller bis zum Dach restauriert und von 1987 bis heute in verscheidenen Etappen der gesamte Meierhof
Die Stiftsgalerie
In der vom Kustos des Stiftes, P. Martin Mayrhofer eindrucksvoll aufbereiteten Stiftsgalerie mehr als 1000 Kunstwerke, hauptsächlich Bilder ausgestellt.
Die Schau ermöglicht ein „Eintauchen“ in die Lebenswelt zahlreicher Künstler von der Antike bis jetzt und ist vor allem aufgrund der zahlreichen Vergleiche, die zwischen den unterschiedlichen Epochen angestellt werden können, von höchstem Interesse. Unter den auf 4500m² ausgestellten Werken findet man bekannte Künstler, wie Paul Troger, Alessandro Magnasco, G. Bazzani, oder Daniel Gran.
Für die moderne Malerei sind unter anderem Werner Berg, Maria Lassnig, Wotruba, Josef Pillhofer oder Wilhelm Kaiser vertreten. Ein intensiver Streifzug durch das künstlerische Schaffen europäischer Kunst wird hier möglich.
Neue Galerie
Die neue Galerie zeigt regelmäßige Ausstellungen lebender Künstler, wie Erich Ess, Robert Trsek, Isabella Minichmair oder Alexander Bartl. Die Ausstellungen zeigen das breite Spektrum künstlerischen Schaffens der Gegenwart in Österreich.
Die Ausstellungen sind während der Öffnungszeiten kostenfrei zugänglich.
Der Historische Hofgarten
Ein romantisch verwilderter und unterschiedlich genutzter Garten ist 1994 für das Stift Seitenstetten der Ausgangspunkt für eine fundierte Revitalisierung des von einer Mauer umschlossenen Hofgartens. Zu den Millenniumsfeiern 1996 erstrahlte der Garten in neuem Glanz. Seither konnte er schon tausenden Gästen seine Geschichte erzählen! Gartentage – Gartenfeste – Frühlingsausstellungen sind gegenwärtig die spannendsten Beiträge zu einer hoffentlich noch langen Hofgartentradition….
Der Hofgarten ist von Ostermontag bis 31.10. täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr geöffnet und frei zugänglich.
Heute gliedert sich der neue Hofgarten in 5 Teilräume, die jeweils einer Epoche gewidmet sind. Der vorhandene Baumbestand, überwiegend Obstbäume, wird weitgehend in das neue Gesamtkonzept übernommen und stellt heute das räumliche Gerüst des Gartens dar. Neugepflanzte Obstbäume in alten, traditionellen Sorten ergänzen das reichhaltige Sortiment. Ein Beispiel ist der „Braunauer Rosmarin“, eine Apfelsorte, die bereits 1851 in Oberösterreich beschrieben wird. Die bestehenden, älteren Obstbäume in den Blumenwiesen bilden eine räumliche Klammer über den gesamten Hofgarten und gliedern gleichzeitig die Fläche in ihre unterschiedlichen Teilbereiche. Im Frühjahr bringen unzählige Zwiebel- und Knollenpflanzen wie Dichternarzissen, Schneeglöckchen und Blausternchen frische Farben in die Obstbaumwiesen.
Der Kräutergarten
Er erinnert an die Tradition der Klöster im Mittelalter. In einem leicht abgesenkten und daher geschützten Bereich entlang der Gartenmauer befinden sich rechteckige Beetflächen, in denen neben allgemein bekannten Gewürz- und Heilkräutern wie Ringelblume, Fenchel oder Eibisch auch seltene Arten wie der kirgisische Oregano oder die Ingwer-Minze kultiviert werden.
Einige alte Kartoffelsorten sollen auf die lange Tradition des „Erdapfels“ in Seitenstetten aufmerksam machen. Bereits 1621 wird der Anbau dieser aus der „Neuen Welt“ eingeführten Frucht urkundlich erwähnt.
An der Gartenmauer, die durch vertiefte Nischen gegliedert ist, werden alte Apfel- und Birnensorten wie der „Kronprinz Rudolph“ (Steiermark, um 1860) oder die Sorte „Alexander Lucas“, (Frankreich, 1870) auf einfachen hölzernen Spalieren gezogen. Die Abgrenzung zum anschließenden Parterrebereich bildet ein freistehendes Obstspalier. Alte Sorten von Pfingstrosen schmücken die Böschung in den Farben rot, rosa und weiß.
Der Barockgarten
An die Zeit des Barockgartens erinnern uns heute vier schlicht gehaltene Rasenparterreflächen. Ein schmales, den Wegrändern folgendes Band aus rötlichem Ziegelsplitt ist mit einer niederen Hecke aus dunkelgrünem Einfassungsbuchs abgegrenzt. Aufwendige Broderieverzierungen fehlen, da es keine gesicherten Anhaltspunkte gibt, wie sie tatsächlich einmal bestanden haben mögen. Die nun gewählte schlichte Ausgestaltung lässt die heute immer noch bestehenden Spuren der barocken Vergangenheit, die alten Steinvasen und das steinerne Wasserbecken im Zentrum deutlich zur Wirkung kommen. Alle Elemente wurden restauriert und zeigen sich in ihrem neuen Glanz.
Farben wurden in diesem Gartenraum sehr zurückhaltend eingesetzt. Der helle Farbton der Vasen und Wege kontrastiert mit dem hellen Grün des Rasens, dem dunklen Grün der Buchshecke und dem rötlichen Ziegelton des Splittbandes. Die Blütenfarbe Weiß wird durch Weichselbäumchen und Hortensien an den Aufgangswegen zum erhöht stehenden Meierhof eingebracht.
Weiters zieren im Frühjahr weiße Zwiebelpflanzen wie Dichternarzissen, Schneeglöckchen und Scilla die Böschungswiese, während im Sommer Lorbeer in dekorativen Tontöpfen das Parterre bereichern. Eine einfache Feldahornhecke und eine niedere Obstpalmette grenzen den barocken Bereich des Hofgartens von den umliegenden Teilen räumlich ab. Tritt man durch das prächtige Eingansportal in den Hofgarten, ist der nun wiederum plätschernde Brunnen im Zentrum des barocken Parterres bereits zu erkennen.
Landschaftlicher Teil – 19. Jahrhundert
Zunächst befindet sich der Besucher in einem Bereich des Gartens, der dem 19. Jahrhundert zuzuordnen und daher landschaftlich geprägt ist.
Alte Obstbäume, einzelne Sträucher und Strauchgruppen umschließen größere Wiesenflächen. Längliche Beete mit wechselnder farbiger Ausgestaltung begleiten den in der Mittelachse verlaufenden Hauptweg.
Auf der rechten Seite befindet sich das Prunkstück dieses Gartenteils, das alte Glashaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Es wurde fachgerecht von den Handwerkern des Stiftes nach alten Konzepten restauriert und dient nun wieder der Anzucht der Blumen- und Gemüsejungpflanzen sowie der Überwinterung der südländischen Gewächse und traditioneller Fuchsiensorten. Besondere Aufmerksamkeit verdient die wiederhergestellte ursprüngliche Kanalheizung, die früher in Glashäusern dieser Art üblich war.
Der Rosengarten
Der Rosengarten mit einer umfangreichen Kollektion von 110 vorwiegend historischen Strauch- und Kletterrosen wurde als ein neuer Gartenteil in den historischen Hofgarten aufgenommen.Die Rosengewächse sind mit Stauden und Clematis zu schönen Farbkombinationen arrangiert. Ein dezentes Rankgerüst dient den Kletterpflanzen als Halterung.
Umgeben ist der Rosengarten von einer mit Obstbäumen bestandenen Blumenwiese, in der im Frühjahr Zwiebelpflanzen und später seltene Wildrosen blühen. Ein farbiges Staudenbeet an der etwas tiefer liegenden Gartenmauer rundet diesen prächtigen und artenreichen Gartenteil ab.
Wirtschaftlich genutzter Garten
Der letzte Gartenraum ist der wirtschaftlichen Nutzung gewidmet. Von hier aus wird das Stift wie eh und je mit frischem Gemüse und Obst versorgt. Salat, Paradeiser und Erdbeeren füllen die Beete, aber auch einige Reservepflanzen für den Zierteil des Hofgartens, oder Schnittrosen zum Schmuck der Altäre verleihen diesem Teil ein sehr gefälliges Aussehen.
Die Mittelachse des gesamten Gartens wird hier von alten Kirschbäumen begleitet. Eine Lagerhalle wird durch eine Reihe säulenförmiger Hainbuchen architektonisch an den Hofgarten angebunden. Daneben befindet sich ein kleines Dörrhaus, in dem – auch heute noch – Obst veredelt wird. Unter Beibehaltung seiner bescheidenen Art wurde es hergerichtet und mit einem kleinen, davor liegenden, Bauerngärtchen bereichert.